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Mein Mann, seine Frauen und ichOverlay E-Book Reader

Mein Mann, seine Frauen und ich

Roman nach einer wahren Geschichte | Hera Lind


2017 Diana Verlag
416 Seiten
ISBN: 978-3-641-20309-2

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€ 9,99


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Kurztext / Annotation
Nach ihrer Scheidung genießt Nadia Schäfer die Unabhängigkeit. So lernt sie Karim kennen, einen gläubigen und gebildeten Moslem. Sie lässt sich auf ihn ein, heiratet ihn sogar, weil der Islam Liebe ohne Trauschein verbietet. Dass Karim bereits Frau und Kinder hat und die Ehe fortbesteht, nimmt sie in Kauf, denn er trägt Nadia auf Händen. Sie ziehen in den Oman, wo Nadia nur tief verschleiert aus dem Haus gehen darf. Sie tut es für Karim - ein fürsorglicher Ehemann, der sich auch noch um seine erste Frau kümmert. Bis er eines Tages Ehefrau Nummer drei mit nach Hause bringt ...

Hera Lind studierte Germanistik, Musik und Theologie und war Sängerin, bevor sie mit zahlreichen Romanen sensationellen Erfolg hatte. Seit einigen Jahren schreibt sie ausschließlich Tatsachenromane, ein Genre, das zu ihrem Markenzeichen geworden ist. Mit diesen Romanen erobert sie immer wieder die SPIEGEL-Bestsellerliste. Hera Lind lebt mit ihrem Mann in Salzburg, wo sie auch gemeinsam Schreibseminare geben.

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

2

Nürnberg, Oktober 1995

»Auf Gleis drei fährt ein: der ICE aus Amsterdam. Bitte Vorsicht bei der Einfahrt!«

Der silbergraue Eisenbandwurm schob sich lärmend heran, und ich musste bestürzt feststellen, dass mein Herz schon wieder wummerte wie ein Presslufthammer. Was machte ich überhaupt hier? Was für eine aberwitzige Situation! Da ließ ich mich von einem wildfremden Menschen, der keineswegs akzentfreies Englisch mit mir gesprochen hatte, zum Bahnhof bestellen, um ihn abzuholen? Noch konnte ich einfach gehen. Der Zug hielt quietschend, und Schatten drängten zu den Ausgängen.

Die Türen öffneten sich zischend, und sofort quollen überall Leute mitsamt ihren Gepäckstücken heraus, um sich zu einem Strom gehetzt wirkender Reisender zu vereinen, der rasch dem Ausgang entgegenstrebte. Ich fühlte mich regelrecht davon überrollt, wich den lärmenden Menschentrauben aus und verharrte im Schutz einer mächtigen Säule.

Ach was, ich verzieh mich jetzt auch auf die Rolltreppe, dachte ich kurz entschlossen, und lass mich aus der Gefahrenzone tragen. Ich spinn doch nicht! Wenn der Typ irgendwo schlafen muss, kann er sich ein Hotel nehmen. Andererseits - die viel gepriesene Gastfreundschaft ... Ich wollte nicht unhöflich sein. Und dann war da noch dieses aufgeregte Kribbeln im Bauch.

Zögernd überflog ich die nun schon spärlicher fließende Menge. Überall Menschen, die grüßten, begrüßt wurden, auf Schultern klopften, umarmt wurden, riefen, winkten oder zu Anschlusszügen hetzten. Türen schlossen sich. Nur noch ein paar vereinzelte Gestalten liefen in Richtung Ausgang.

Oh. Da! Da war einer, der sich wie ich suchend umsah. Langsam kam er auf mich zu. Groß, muskulös, korrekt gekleidet, Typ Geschäftsmann mit Aktenkoffer: hellblaues Hemd, Krawatte, Tweedsakko, Bügelfaltenhose und blank geputzte Schuhe. Mein Blick glitt wohlwollend an ihm hinunter. Und wieder hinauf.

Ein dichter, gepflegter Vollbart, schwarz-grau meliert.

Beim Barte des Propheten! Er war ein gläubiger Moslem. Natürlich. Was hatte ich auch anderes erwartet? Sein Gesicht war von orientalisch geprägter Intensität, und mir wurde ganz anders. Reiß dich zusammen, ermahnte ich mich und trippelte nervös auf ihn zu.

Der Mund in der Mitte des Bartes lächelte gewinnend, und schöne ebenmäßige Zähne kamen zum Vorschein.

»Nadia?« Seine samtene Stimme zog mich sofort wieder in ihren Bann.

»Ja?« Jetzt gab es kein Entkommen mehr.

Als sich unsere Blicke trafen, machte es klick! Sofort wusste ich, dass dieser ungewöhnliche Mann noch eine wichtige Rolle in meinem Leben spielen sollte. Eine Hauptrolle.

»I'm Karim. Thanks for picking me up.« Ein fester Händedruck, warme weiche Hände.

Das war derselbe melodiöse Bariton wie gestern am Telefon.

Warum zitterten meine Beine nur so? Wie sollte ich jetzt von hier wegkommen?

»You are welcome«, hörte ich mich artig sagen. »How was your trip?«

Oje, jetzt würde ich die ganze Zeit Englisch mit ihm reden müssen. Nicht dass das ein Problem für mich war, aber mein Schulenglisch war durchaus ein wenig verstaubt.

Ich schenkte ihm einen freundlichen, aber auf keinen Fall allzu vertraulichen Blick. Eher so wie eine Reiseleiterin: neutral, aber stets zu Diensten.

Seine braunen Augen wiesen karamellfarbene Sprenkel auf, und ich drohte förmlich dahinzuschmelzen. Ich wandte den Blick ab und schritt tapfer voran.

Der geheimnisvolle Fremde stand hinter mir auf der Rolltreppe, und ich spürte seinen warmen Blick im Nacken. Hastig strich ich mir über den Hinterkopf. Nichts ist peinlicher, als wenn die Haare dort platt gedrückt sind oder der Haaransatz dunkel hervorblitzt.

Natürlich hatte ich mich vorhin zu Hause mit Rundbürste und Seidenglanzhaarspray noch ein bisschen zurechtgemacht: Wie du kommst gegangen, so wirst du auch empfangen, pflegte meine Mutter stet