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Pompeji

Die größte Tragödie der Antike | Alberto Angela


2016 Goldmann Verlag; Rizzoli, Milano 2014
512 Seiten; 32 S. farbiger Bildteil, 8 s/w-Abbildungen
ISBN: 978-3-641-17945-8

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€ 4,99


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Kurztext / Annotation
Noch nie wurde das Leben in der antiken Stadt kurz vor dem Untergang so anschaulich und unmittelbar erzählt
Am 23. Oktober 79 n. Chr. feiert die illustre Gesellschaft Pompejis ein opulentes Fest. Der bebende Vesuv wird das bunte Treiben jäh beenden. Auf Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse rekonstruiert der renommierte Wissenschaftsjournalist Alberto Angela in einem hochspannenden Countdown Stunde um Stunde den Untergang der Stadt, den eine Handvoll Menschen tatsächlich überlebte.

Alberto Angela führt durch belebte Gassen, in prächtige Salons, kleine Läden und an erst kürzlich versiegte Brunnen. Eine sinnliche Reise in die Welt der Antike, die tiefen Einblick gibt in das faszinierende Alltagsleben am Golf von Neapolis vor 2000 Jahren.

Alberto Angela wurde 1962 in Paris geboren. In Rom studierte er Naturwissenschaften. Als Paläontologe nahm er an zahlreichen Ausgrabungsprojekten in Afrika und Asien teil und ist heute ein populärer Fernsehmoderator für naturwissenschaftliche Sendungen in Italien. Angela ist Mitglied des Istituto Italiano di Paleontologia in Rom sowie am Centro Studi e Ricerche Ligabue in Venedig. Gemeinsam mit seinem Vater Piero, einem bekannten Archäologen, Journalisten und Autor, hat er mehrere Bücher veröffentlicht.



Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Die Aristokratin und der General

Tyrrhenisches Meer vor Misenum
22. Oktober 79 n. Chr., 8.00 Uhr
Noch 53 Stunden bis zum Ausbruch

AVE PU(EL)LA
Sei gegrüßt, schönes Mädchen.

Die sehnigen Hände des Steuermanns umfassen die arg strapazierten Leinen, mit deren Hilfe die beiden Ruder des Schiffes gesteuert werden: Sie durchschneiden das Wasser wie Pflugscharen. In antiker Zeit hatten Schiffe kein Mittel-, sondern zwei Ruder, die seitlich am Heck angebracht waren wie große vertikale Paddel. Sie werden von einem Mann in einer kleinen Kabine bedient, einer echten »Kommandobrücke«.

Während des Manövers, welches das Schiff um das Kap von Misenum herumführt, vibrieren die gestrafften Seile in den Händen des Steuermannes wie die Zügel eines Pferdegespanns, wenn der Wagenlenker im Circus Maximus eine Kurve nimmt. Das Schiff bäumt sich einen Augenblick auf, als weigerte es sich zu drehen, doch dann gehorcht es und ändert seinen Kurs. Rectina und die übrigen Passagiere spüren den Kurswechsel, auch weil der Wind jetzt aus einer anderen Richtung weht. Die Sonne, die ihnen vorher auf der Haut brannte, hat sich nun hinter dem Segel versteckt. Der Wind treibt das leichte Schiff mit Macht übers Meer. Linker Hand, nur wenige Meter entfernt, türmt sich das Kap von Misenum auf, ein gewaltiger steinerner Riese. Die Wellen brechen sich an seinen Felsen, die allen schrecklich nah erscheinen.

Weißer Schaum überzieht das Deck mit einem feinen Sprühnebel. Der Wind peitscht das Meer auf, der Salzgeruch beißt in der Nase. Der Schaum ist so weiß wie der imposante Leuchtturm, der sich auf dem Felsvorsprung mehrere Stockwerke hoch über ihre Köpfe erhebt. Er sieht aus wie ein Turm aus übereinandergeschichteten Bausteinen. Die strahlend weiße Farbe und die ungewöhnliche Form erinnern ein wenig an Arabien. Zwischen den quadratischen Häusern der arabischen Mittelmeerküste würde er jedenfalls nicht weiter auffallen. Tatsächlich haben die Orte um Pompeji, aber auch Straßen und Plätze der Stadt selbst eine Anmutung, die wir heute als »arabisch« oder »nordafrikanisch« beschreiben würden. Und das ist schon die erste Überraschung, die uns auf unserer Reise begegnet.

Der Steuermann mit dem gekräuselten schwarzen Bart lenkt das Schiff von seiner Kabine aus mit unglaublicher Geschicklichkeit. Er ist einer der Besten auf dieser Route. Sein Blick fixiert die Neptunstatue, die sich an der Einfahrt zum Hafen von Misenum auf der Mole erhebt. Die vergoldete Bronze gleißt im Sonnenlicht, sodass sie die Näherkommenden schier blendet. Doch allen Seeleuten dient sie als Orientierungspunkt, der sie in den Hafen geleitet.

Denn der Hafen von Misenum ist nicht irgendein Hafen. Dort liegt die kaiserliche Flotte vor Anker, die Classis Misenensis, eine der beiden Prätorianerflotten. Die andere ist in Ravenna stationiert.

Dass wir uns dem mächtigsten Marinehafen des römischen Kaiserreichs nähern, merken wir auch an dem gewaltigen Schiff, das auf uns zuhält. Die fast vierzig Meter lange Quadrireme schiebt sich bedrohlich vorwärts, angetrieben von einem Wald von Rudern, die sich gemeinsam aus dem Wasser heben und wieder senken. Über dem Geräusch der Wellen erhebt sich die Stimme des Antreibers, der den Ruderern den Rhythmus vorgibt. Wie eine dunkle Wolke gleitet sie übers Wasser, während die beiden Augen auf dem Bug unheilschwanger zu funkeln scheinen. (Dieses Symbol dient dem Schutz des Schiffes und ist auch heute noch häufig anzutreffen, zum Beispiel in der Türkei.) Der Rammsporn aus Bronze taucht zwischen den Wellen auf, drei tödliche horizontale Klingen, die die Wand jedes feindlichen Schiffes aufreißen können.

Weniger bekannt ist es, dass der Rammsporn eines Schiffes so konstruiert war, dass er in dem feindlichen Schiff stecken blieb wie der Stachel einer Biene und mit ihm zusammen versank. Die spezielle Art der Konstruktion sowie der niemals rechtwinklig, sondern immer diagonal ausgeführ